Orthomolekulare Medizin

Orthomolekulare Therapie


Behandlung mit Nähr- und Vitalstoffen

Allgemeine Informationen

Die „Medizin der guten Moleküle“ (griechisch orthos = gut, richtig) wurde in den 1970er Jahren von dem amerikanischen Biochemiker und Nobelpreisträger Linus Pauling entwickelt. Ziel der orthomolekularen Medizin ist die Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen durch eine optimale Nährstoffversorgung. Diese soll mit Hilfe einer ausgewogenen Ernährung und falls notwendig auch durch die zusätzliche Verwendung hochwertiger, orthomolekularer Nahrungsergänzungen erreicht werden. Nährstoffe sind nach Pauling „ … Substanzen, die normalerweise im Körper vorhanden und für die Gesundheit erforderlich sind.“ Da der Körper die meisten von ihnen nicht selber herstellen kann, müssen sie von außen zugeführt werden. Zu den in der orthomolekularen Medizin verwendeten Nährstoffen zählen Aminosäuren, Fettsäuren, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Darüber hinaus können zu therapeutischen Zwecken auch Vitalstoffe wie sekundäre Pflanzenstoffe oder Ballaststoffe eingesetzt werden, die zwar nicht als lebensnotwendig aber dennoch als gesundheitsförderlich gelten.

Indikationen:

Grundsätzlich sollte die Versorgung mit Nährstoffen wann immer möglich über die Nahrung erfolgen, sodass eine Orthomolekulare Therapie in meiner Praxis in der Regel mit einer Beratung zur Vollwertkost einher geht. Wird jedoch aus gesundheitlichen, ethischen oder geschmacklichen Gründen auf einzelne Nahrungsmittelgruppen verzichtet, liegt ein erhöhter Nährstoffbedarf vor (Medikamente, Erkrankungen, Schwangerschaft, Rauchen und Alkoholkonsum) oder ist die Nährstoffaufnahme vom Darm ins Blut behindert (Magen-Darmerkrankungen, Einnahme von Magensäurehemmern, Alter), kann der zusätzliche Einsatz von Nahrungsergänzungen sinnvoll sein. Zudem kommen einige Nährstoffe nur in sehr geringen Konzentrationen und sehr wenigen Lebensmitteln vor, sodass eine Ergänzung durch orthomolekulare Präparate sinnvoll sein kann. Grundsätzlich sollten nur die Nährstoffe eingenommen werden, für die auch eine entsprechende Indikation vorliegt!

Vorsorglicher Einsatz:

Zu vorsorglichen Zwecken werden Nahrungsergänzungen in meiner Praxis nur dann verordnet, wenn aus der Anamnese hervor geht, dass die Ernährungsweise den individuell ermittelten Bedarf an einem oder mehreren Nährstoffen nicht decken kann. Mögliche Gründe hierfür sind:
  • Unausgewogene Ernährung
  • Vegetarische oder vegane Ernährung 
  • Allergien, die das Nahrungsangebot einschränken
  • Einnahme von Medikamenten, die praktisch immer zu bestimmten Nährstoffmängel führen
  • Schwangerschaft, Stillzeit
Beheben von Nährstoffmängeln:

Da viele Nährstoffe auch überdosiert werden können, sollten diese nur bei nachgewiesenem Mangel substituiert werden. Hierzu zählen zum Beispiel fettlösliche Vitamine (E, D, K und A) sowie einige Mineralien (Kalzium, Magnesium) und Spurenelemente (Eisen, Zink, Kupfer, Mangan). Deshalb arbeite ich mit komplementärmedizinischen Laboren zusammen, in denen Kapillarblut, Haare oder Urin auf die Versorgung mit bestimmten Nährstoffen überprüft werden können. Bei nachgewiesenen Nährstoffmängeln können diese durch den gezielten Einsatz entsprechender Präparate behoben und gleichzeitig deren Ursachen erforscht werden. Mögliche Indikationen für eine Überprüfung der Nährstoffzufuhr sind:
  • Überprüfung der vorsorglichen Nährstoffeinnahme bei oben genannten Gruppen
  • Vorsorgliche Testung auf häufig auftretende Mangelerscheinungen (z.B. Vitamin D)
  • Erkrankungen, die oft mit Nährstoffmängeln einher gehen
  • Verdauungsstörungen, da diese die Nährstoffaufnahme behindern können
  • Symptome, die auf Nährstoffmängel hinweisen
  • Auffälligkeiten im Blutbild wie z.B. Blutarmut, die auf einen Nährstoffmangel hinweisen
  • Einnahme von Medikamenten, die Nährstoffmängel hervorrufen können
  • Lebensumstände (Rauchen, Alkohol, Alter), die Nährstoffmängel begünstige
Therapeutische Zwecke:

Zur Behandlung von Erkrankungen können Nahrungsergänzungen auch ohne nachgewiesenen Mangel eingesetzt werden. Zu diesem Zweck werden sie oft höher dosiert und gelten als Arzneimittel, die nur unter Aufsicht erfahrener Therapeut*innen eingenommen werden sollten. Typische Beispiele sind:
  • Oxidativer Stress (Antioxidantien)
  • Chronische Entzündungsherde (entzündungshemmende Nährstoffe)
  • Störungen der Darmflora (Ballaststoffe)
  • Schwermetallbelastungen (Mineralien)
  • Chronische Volkskrankheiten wie z.B. Bluthochdruck, Arteriosklerose oder Typ 2 Diabetes

Kontraindikationen:

Liegen für den Einsatz eines Nährstoffpräparats ein oder mehrere Indikationen vor, müssen im nächsten Schritt mögliche Kontraindikationen ausgeschlossen werden, die deren Einnahme eventuell verbieten. Hierzu zählen:

Medikamente:

Einige Nahrungsergänzungen können die Wirksamkeit bestimmter Medikamente beeinflussen. So setzen beispielsweise isolierte Ballaststoffe die Aufnahme gleichzeitig zugeführter Arzneimittel herab. Vitamin K verringert die Wirksamkeit einiger Blutverdünner, während mehrfach ungesättigte Fettsäuren diese verstärken können. Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte Nährstoffpräparate daher nur nach Rücksprache mit erfahrenen Therapeut*innen einnehmen.

Erkrankungen:

Bei bestimmten Erkrankungen dürfen spezielle Nährstoffe nicht oder nur nach gründlichem Abwägen gegeben werden, da diese die Krankheit unter Umständen verschlimmern können. Hierzu zählen beispielsweise bestimmte Aminosäuren bei Epilepsie oder Manie oder Kalziumpräparate bei Arteriosklerose. Wer an chronischen Krankheiten leidet, sollte Nährstoffpräparate daher nur nach Rücksprache mit erfahrenen Therapeut*innen einnehmen.

Schwangerschaft:

Einige Nährstoffe wie zum Beispiel Vitamin A dürfen während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden, da sie zu Fehlbildungen des Kindes führen können.

Allergien:

Viele Nährstoffpräparate enthalten neben dem gewünschten Nährstoff auch unerwünschte Begleitstoffe, die von vielen Menschen nicht vertragen werden. Grundsätzlich sollten deshalb Nahrungsergänzungen mit möglichst wenigen Zusatzstoffen gewählt und deren Zusammensetzung vor der Einnahme auf mögliche unverträgliche Bestandteile überprüft werden.

Auswahl des Präparats

Liegen für die Einnahme eines oder mehrerer Nährstoffe in Form von Nahrungsergänzungen Indikationen vor und wurden Kontraindikationen ausgeschlossen, muss im Anschluss ein entsprechendes Präparat gewählt werden. Auf dem Markt existieren unzählige Nährstoffpräparate, die sich in ihrer Qualität jedoch deutlich voneinander unterscheiden. Einige können sogar mehr Schaden als Nutzen, weshalb bei der Auswahl folgende Kriterien zu berücksichtigen sind:

Nährstoffverbindungen:

Die in den Präparaten verwendeten Nährstoffe können aus unterschiedlichen Quellen stammen und werden bestenfalls im natürlichen Verbund kompletter Lebensmittel oder Superfoods zugeführt. Werden einzelne Nährstoffe benötigt, sind aus natürlichen Nahrungsmitteln isolierte Nährstoffe zu bevorzugen. Alternativ können diese im Labor so nachgebaut werden, dass sie dem Aufbau des natürlichen Stoffes ähneln (Naturidentisch Nährstoffe). Komplett chemische Nährstoffe in unnatürlicher Form, wie sie aus Kostengründen in vielen gängigen Präparaten verwendet werden, sollten hingegen nicht eingesetzt werden. So liegen beispielsweise Aminosäuren in der Natur in der L-Form vor und weisen in der chemischen D oder DL-Form vollkommen andere und teilweise sogar toxische Wirkungen auf. Die natürlichen Vitamin B12-Formen Methyl-, Hydroxo- und Adenosylcobalamin können Cyanid entgiften, während das synthetische Cyanocobalamin dieses sogar enthält. Einige Nährstoffe sollten überhaupt nicht in isolierter Form eingenommen werden. So kann beispielsweise isoliertes Beta-Carotin – die Vorstufe von Vitamin A – insbesondere bei Rauchen zu einem deutlichen Anstieg des Lungenkrebsrisikos führen. Die Einnahme von Vitamin E als isoliertes α-Tocopherol soll laut Studien die Entstehung von Prostatakrebs begünstigen, was bei der Einnahme aller vier in der Natur vorkommenden Vitamin E Formen (α-, β-,γ und δ-Tocopherol) nicht der Fall zu sein scheint.

Resorbierbarkeit:

Auch innerhalb der Gruppe der natürlichen oder naturidentischen Verbindungen gibt es Unterschiede hinsichtlich der Bioverfügbarkeit. Diese gibt an, wie viel von dem enthaltenen Nährstoff vom Körper aufgenommen werden kann. So sind beispielsweise Mineralien und Spurenelemente zwar alle natürlichen Ursprungs, scheinen sich aber je nach Bindungsform (anorganisch, organisch oder proteingebunden) in ihrer Verwertbarkeit zu unterscheiden, weshalb die beiden zuletzt genannte Gruppen zu bevorzugen sind. Zweiwertiges Eisen ist schlechter verfügbar als dreiwertiges Eisen und Vitamin D3 wird besser verwertet als Vitamin D2.

Verhältnis der Nährstoffe

Einige Nährstoffe und hier insbesondere Mineralien und Spurenelemente wie Zink, Kupfer, Eisen, Magnesium, Kalzium und Mangan stehen in enger Wechselwirkung miteinander und können sich gegenseitig hemmen. Während eine Mangelversorgung mit einem einzigen Nährstoff deshalb durch Einzelpräparate ausgeglichen werden sollte, sind zur Optimierung der Grundversorgung Mischungen mit mehreren Nährstoffen in ausgewogenem Verhältnis zu bevorzugen, um eine Verschiebung des Nährstoffhaushalts zu vermeiden.

Hilfsstoffe:

Viele Nährstoffpräparate enthalten Hilfsstoffe um die Produktionskosten zu senken oder dem Produkt ein Aroma zu verleihen. Einige Präparate bestehen sogar zu einem großen Teil aus Aroma-, Konservierungs-, Farb- und Füllstoffen. Im Folgenden finden Sie eine Auflistung einiger typischer Hilfsstoffe. Dahinter finden sie in Angaben zu den vermuteten gesundheitlichen Auswirkungen des jeweiligen Stoffes, die jedoch in vielen Fällen noch nicht eindeutig belegt werden konnten.
  • Aluminium (E173) – Allergien, Knochen- und Nervenschäden
  • Aspartam (E951) – Diabetes und Krebs
  • Magnesiumstearat (E572) – Immunschwäche, Blasensteine, hemmt Nährstoffaufnahme
  • Titandioxid (E171) – Krebs, Darm- und Nervenschäden
  • Siliciumdioxid (E551) – unklare Wirkung der Nanopartikel
  • Zucker – Diabetes und Karies
Form des Präparats:

Nahrungsergänzungen werden in meiner Praxis in der Regel entweder in Pulver- oder Kapselform oder als Flüssige Präparate verordnet, wobei für die Auswahl neben der Verfügbarkeit auch die individuellen Bedürfnisse entscheidend sind. Bei Kapseln werden aus ethischen und gesundheitlichen Gründen in der Regel Präparate mit veganen Kapselhüllen empfohlen. Kau- und Lutschtabletten verordne ich wegen der hohen Mengen an Zusatzstoffen nur dann, wenn keine alternativen Präparate zur Verfügung stehen.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung:

Dosierung:

Die Dosierung richtet sich sowohl nach der Art des Nährstoffes als auch nach der Indikation. Präparate, die der Grundversorgung dienen werden in Abhängigkeit von der sonstigen Ernährung meist in Mengen von 20-100% des individuellen Tagesbedarfs verordnet. Bei nachgewiesenen Mängeln und zu therapeutischen Zwecken können hingegen auch höhere Dosierungen gewählt werden.

Art und Dauer der Anwendung:

Abhängig von der Art des Nährstoffes werden unterschiedliche Einnahmezeiten empfohlen. Nährstoffe die munter machen (z.B. Vitamin D) sollten dabei eher am Morgen und solche die eher schläfrig machen (z.B. Magnesium) tendenziell eher am Abend eingenommen werden. Während man einige Nährstoffe am besten mit den Mahlzeiten kombiniert, muss bei Anderen ein zeitlicher Abstand zur Nahrungsaufnahme eingehalten werden. Von einigen Nährstoffen wie z.B. Vitamin B12 und einigen Mineralien können immer nur begrenzte Mengen auf einmal aufgenommen werden, sodass die Tagesdosis auf mehrere Gaben aufgeteilt werden sollte. Die Anwendungsdauer richtet sich nach dem jeweiligen Nährstoff sowie der Indikation. Während Präparate zur Grundversorgung in der Regel dauerhaft einzunehmen sind, werden zu therapeutischen Zwecken verordnete Produkte in der Regel nur wenige Wochen oder Monate eingesetzt.

Nebenwirkungen

Da Nährstoffe dem Körper auch natürlicherweise mit der Nahrung zugeführt werden, treten unerwünschte Nebenwirkungen tendenziell seltener auf als bei chemischen Medikamenten. Relativ häufig sind allerdings Reaktionen auf Füllstoffe, weshalb diese wann immer möglich gemieden und hochwertige Präparate bevorzugt werden sollten. Hinzu kommen Nebenwirkungen, die durch die Art des Nährstoffes ausgelöst werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Einnahme von isoliertem Eisen, die bei empfindlichen Personen zu Magenschmerzen führen kann. Die meisten anderen Nebenwirkungen sind vor allem auf eine unsachgemäße Auswahl, Einnahme oder Dosierung der Präparate zurückzuführen und damit weitestgehend vermeidbar.

Nährstoffmängel:

Einige Nährstoffe können die Aufnahme anderer Nährstoffe behindern oder deren Ausscheidung fördern. So kann die dauerhafte Einnahme von einem oder zwei  isolierten Mineralien wie Kalzium, Magnesium, Zink, Kupfer, Mangan oder Eisen zu einem Mangel an einem oder mehreren anderen Mineralien führen, während die Einnahme von Vitamin D einen Magnesiummangel begünstigt und isolierte Ballaststoffe die Nährstoffaufnahme generell hemmen. Deshalb sollte insbesondere bei der längerfristigen Einnahme von Nahrungsergänzungen unbedingt darauf geachtet werden die Nährstoffe in der richtigen Kombination zuzuführen.

Überdosierungen:

Während überschüssige Mengen an B-Vitamine und Vitamin C von Körper einfach ausgeschieden werden können, reichern sich überschüssige fettlösliche Vitamine (E, D, K und A) sowie Mineralstoffe und Spurenelemente im Körper an und können im Falle einer Überdosierung zum Teil schwerwiegende Folgen haben. Wenngleich die meisten Nahrungsergänzungen frei verkäuflich sind, sollten sie deshalb niemals blind oder wahllos eingenommen werden. Die Dosierung sollte zudem auf den individuellen Nährstoffbedarf sowie die sonstige Ernährung abgestimmt werden. Besonders wichtig ist das auch bei Schwangeren, denen häufig zum Beispiel die vorsorgliche Einnahme von Folsäure, Eisen, Jod, Magnesium oder Vitamin D empfohlen wird. Außer Folsäure gehören sie alle zu den prinzipiell überdosierbaren Nährstoffen, die dem Ungeborenen nicht nur bei einem Mangel, sondern auch bei einem Überschuss schaden und dennoch in den meisten Fertig-Präparaten für Schwangere enthalten sind. Auch und insbesondere Schwangere Frauen sollten den erhöhten Nährstoffbedarf soweit wie möglich über die Nahrung decken und nur mit den Nährstoffen ergänzen, die in der Ernährung auch tatsächlich fehlen und/oder für die ein tatsächlicher Mangel nachgewiesen wurde. Eine Überdosierung von Kalium kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen, sodass dieses generell nur bei nachgewiesenem Mangel und unter ständiger ärztlicher Überwachung eingenommen werden sollte.

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