Leaky gut

Leaky-Gut


Syndrom des löchrigen Darms

Leaky-Gut-Syndrom:

Definition:

Beim Leaky-Gut-Syndrom (=Syndrom des löchrigen Darms) handelt es sich um eine vermehrte Durchlässigkeit der Darmwand. In der Folge gelangen Mikroben, unvollständig gespaltene Nahrungsbestandteile sowie Schadstoffe ungehindert in den Blutkreislauf. Das überlastet nicht nur die Leber sondern löst auch Reaktionen des Immunsystems aus, die zu einer Vielzahl physischer und psychischer Erkrankungen beitragen sollen, die auf den ersten Blick nicht mit dem Darm in Verbindung gebracht werden.

Aufbau der Darmbarriere

Die Darmwand, die aufgeklappt etwa eine Fläche von 400m² ausmacht, stellt mit Abstand unsere größte Kontaktfläche zur Außenwelt dar. Ihre Aufgabe liegt unter anderem darin, erwünschte Nährstoffe über die Darmwand ins Blut zu schleusen und gleichzeitig unerwünschte Stoffe wie Bakterien und Schadstoffe von dem Übertritt in den Blutkreislauf abzuhalten. Um diese Aufgabe zu erfüllen besteht die Darmbarriere vom Darminneren nach außen betrachtet aus folgenden Komponenten:

Die Darmbakterien:
Die guten Darmbakterien sitzen im Darminneren und erfüllen hier wichtige Aufgaben. Durch eine dichte Besiedlung mit  guten Darmbakterien haben es schlechte Bakterien, Viren und Pilze schwer, sich auf der Darmschleimhaut anzusiedeln (Kolonisationsresistenz). Zusätzlich konkurrieren die guten Bakterien mit den unerwünschten Mikroben um Nährstoffe (vor allem Ballaststoffe) und hindern sie so an einer Ausbreitung. Außerdem scheinen sie unter anderem über Nervenfasern und die Produktion von Botenstoffen mit dem Gehirn zu kommunizieren. Einige Darmbakterien produzieren Vitamine (B1, B2, B6, B12 und K) während andere kurzkettige Fettsäuren wie  Buttersäure bilden, die als Hauptenergiequelle für die Darmepithelzellen gilt. Die Balance zwischen den Darmbakterien wird unter anderem durch Sekretionsprodukte des Verdauungstrakts wie Magensäure, Schleim und Gallensalzen sowie Immunglobulinen aus der Darmschleimhaut aufrecht erhalten.

Der Mukus = Darmschleim:
Der Darmschleim sitzt zwischen Bakterienflora und Schleimhautzellen. Er sorgt dafür, dass der Speisebrei problemlos durch den Darm gleitet, dient den Darmbakterien als Haftungsunterlage und dient einigen von ihnen als Nahrung. Zudem transportiert er in der Darmschleimhaut gebildete sIgA Immunglobuline ins Darminnere, wo sie Schadstoffe binden und so unschädlich machen.

Die Darmschleimhaut
In der Darmschleimhaut befinden sich ungefähr 70% der Immunzellen des gesamten Körpers. Im Darm werden sie geschult und lernen so zwischen guten/körpereigenen und schlechten/körperfremden Stoffen zu unterscheiden. Die Zellen der Darmschleimhaut dienen als mechanische Schutzbarriere zwischen Darm und Blut. Entscheidend für die Dichtigkeit der Darmbarriere sind die Verbindungen zwischen den einzelnen Epithel-Zellen, die sogenannten Tight-Junktions, die die Zell-Zwischenräume verschließen und den Weg ins Blut nur für ausgewählte Stoffe freigeben. Eine Fehlfunktion der Tight-Junktions führt zu einer gesteigerten Durchlässigkeit der Darmwand und somit zum Leaky- Gut- Syndrom.

Entstehung eines Leaky-Gut-Syndroms:

Eine funktionierende Darmbarriere ist auf das ausgewogenen Zusammenspiel zwischen Darmflora, Darmschleim, Darmimmunzellen und Darmschleimhautzellen angewiesen. Kommt es zu Störungen in einem dieser Systeme, werden auch die anderen Bereiche davon beeinflusst. So können Störungen der Darmflora die Gefahr für Infektionen mit Bakterien, Viren und Pilzen erhöhen. Gleiches ist auch dann der Fall, wenn zu wenig sIgA oder sIgA transportierender Mukus produziert wird. Die dadurch ausgelöste Entzündungsreaktion schädigt auf Dauer die Darmschleimhaut und führt so zu einer vermehrten Durchlässigkeit der Schleimhautzellen bzw. der Tight Junctions.

Ursachen:
  • Schäden der Darmflora z.B. durch Kaiserschnittgeburt, fehlendes Stillen, Antibiotika oder ballaststoffarme Nahrung
  • Entzündungsfördernde Ernährung mit zu vielen Säuren (Fleisch, Milchprodukte, Zucker) und zu wenig Basen (Obst, Gemüse, Pilze) sowie einem Ungleichgewicht zwischen entzündungsfördernden Omega 6 und TRANS Fettsäuren und entzündungshemmenden Omega 3 Fettsäuren.
  • Entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa 
  • Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten wie Zöliakie, Fruktose- und Laktoseintoleranz, wobei Gluten und isolierte Fruktose die Darmwand auch direkt schädigen können. 
  • Exokrine Pankreasinsuffizienz = Bauchspeicheldrüsenunterfunktion
  • Infektionen & Fehlbesiedlungen
  • Freie Radikale & oxidativer Stress  
  • Schwermetalle
  • Strahlentherapie und Medikamente wie Antibiotika, Chemotherapeutika, Aspirin und andere Schmerzmittel
  • Psychischer und Physischer Stress (Stresshormone können die Darmschleimhaut durch Ödeme aufquellen lassen)

Folgen:

Bei einem Leaky-Gut-Syndrom gelangen durch die löchrige Darmwand vermehrt Fremdstoffe ins Blut. In der Folge kommt es zu einer massiven Immunreaktion auf diese Stoffe, die die Entzündung der Darmschleimhaut weiter anheizt und so deren Durchlässigkeit weiter erhöht, sodass ein Teufelskreis entsteht. Während sich die Folgen zunächst vor allem auf den Darm beschränken, können so später auch chronische Entzündungen (Silent Inflammation) in anderen Organsystemen ausgelöst werden. Die Silent Inflammation wird wiederum mit Erkrankungen wie  Depressionen, chronischer Erschöpfung, Arteriosklerose, Typ 2 Diabetes, Osteoporose und Parodontose in Verbindung gebracht. Mit der Nahrung aufgenommene Eiweiße werden normalerweise im Darm in ihre Einzelbestandteile, die Aminosäuren zerlegt, bevor sie ins Blut gelangen. Gelangen bedingt durch die erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand unvollständig verdaute Eiweiße ins Blut, bildet das Immunsystem Antikörper um die Eindringlinge zu bekämpfen. Das kann die Entwicklung von Nahrungsmittelallergien zur Folge haben. Da auch körpereigene Zellen aus Eiweißen bestehen, können die gebildeten Antikörper fälschlicherweise auch diese angreifen und so körpereigene Strukturen zerstören. Die Folge sind Autoimmunerkrankung wie Typ 1 Diabetes, Multiple Sklerose und Rheumatoide Arthritis.

Diagnose:


Basisdiagnostik:
Zur Diagnostik eines Leaky-Gut-Syndroms sollten im Stuhl mindestens fünf Parameter bestimmt werden. Zonulin ist ein Eiweiß, was die Funktion der Tight-Junktions reguliert. Erhöhte Werte weisen auf ein Leaky gut Syndrom hin. Alpha-1-Antitrypsin zeigt ebenso wie Calprotectin Entzündungen im Darm an, ist aber auch bei gestörter Darmpermeabilität oft erhöht. Ein niedriger Spiegel des Immunglobulins sIgA kann ebenfalls auf ein Leaky-Gut-Syndrom hinweisen, während erhöhte Histaminwerte im Stuhl auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder parasitäre Belastungen hinweist.

Zusatzdiagnostik:
Zusätzlich können je nach individuellem Fall Untersuchungen weiterer Entzündungsparameter, der Darmflora, des Tryptophanstoffwechsels und/oder auf  Nährstoffmängel, oxidativen Stress oder Schwermetallbelastungen sinnvoll sein um Ursache und/oder Folgen des Leaky-Gut aufzudecken.

Therapie:

Hinweis: Aufgrund individueller Krankheitsdynamiken, möglicher Nebenwirkungen einzelner Präparate sowie eventueller Wechselwirkung zwischen komplementärmedizinischen und schulmedizinischen Medikamenten sollte eine Therapie immer nach einem individuellen Therapieplan und unter Begleitung erfahrener Therapeut*innen durchgeführt werden. Die im Folgenden genannten Maßnahmen dienen lediglich einer allgemeinen Information und stellen keine konkreten Therapieempfehlungen dar.

Bei akuten Entzündungen wird zunächst eine leicht verdauliche, entzündungshemmende und bei Allergien zusätzlich allergenarme Kost empfohlen. Gleichzeitig kann eine schonende Darmreinigung z.B. mit Flohsamenschalen durchgeführt werden, die aufgrund der enthaltenen Schleimstoffe zusätzlich die Darmschleimhaut pflegen. Eine mittelfristige Umstellung auf eine ballaststoffreiche Kost fördert das Wachstum guter Darmbakterien. Zusätzlich können gezielt präbiotische Nahrungsergänzungen (Präparate, die Darmbakterien als Nährstoffe dienen) sowie Probiotika (Präparate, die gute Darmbakterien enthalten) und entzündungshemmende  naturheilkundliche Präparate eingesetzt werden. Eventuell bestehende Nährstoffmängel müssen durch Nahrungsergänzungen ausgeglichen und mögliche weitere Ursachen gezielt behandelt werden.
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